Hausbanken kümmern sich derzeit um Soforthilfen und Liquiditätskredite. Bei der finanziellen Ausstattung von Zukunftsprojekten aber können Förderprogramme von Ländern, Bund und EU essenzielle Hilfen darstellen
Die Spitzmüller AG in Gengenbach hat derzeit viel zu tun. Denn viele Mittelständler entwickeln gerade jetzt neue Ideen, stellen sich für die Zeit nach der Krise neu auf und fragen nach Fördermitteln für Projekte von morgen. Spitzmüller-Vorstand Torsten Volkmann erklärt daher, was zu tun ist.
Lieber Torsten Volkmann, egal ob ich nun einen Nothilfekredit beantrage oder einen Förderantrag ausfülle: Ich muss Unterlagen beifügen. Aber kaum ein Unternehmer kann doch derzeit seriös seine Geschäftsaussichten beschreiben oder vorhersagen. Wie gehen Sie damit um?
Für die schwierigen und turbulenten Zeiten mit weltweiten Dimensionen und Auswirkungen gibt es keine Blaupause. Dennoch benötigen die Bank oder auch der Fördergeber Fakten und einen Plan. Dafür sollte man wenigstens zwei Szenarien auf Basis unterschiedlichen Prämissen durchspielen und die dazugehörigen Planungen erarbeiten. Idealerweise bespricht man sich dann mit Vertrauten im Unternehmensumfeld und leitet eine finale Planung ab, welche man zum jetzigen Kenntnisstand vertreten kann.
Werden in diesem Zusammenhang auch Bürgschaften künftig wichtiger?
Abhängig von der Dauer und den konkreten Auswirkungen der Corona-Krise werden sie eine stärkere Rolle spielen – davon gehe ich ganz stark aus.
Gibt es so etwas wie eine Schufa oder die schwarze Liste der Lebensversicherer auch für Förderanträge? Nach dem Motto: Diese Firma hat leider einmal zu oft beantragt …?
Oftmals gibt es rein programmtechnische Restriktionen bezüglich der Förderbeträge, die eine Firma in einer bestimmten Zeit oder für ein spezielles Projekt erhalten darf. Weiterhin spielt es auch eine Rolle, was eine Firma mit dem Fördergeld erreichen will oder ob sie genügend Ressourcen hat, ein Projekt zielgerichtet zu bearbeiten. Ich habe über etwaige Listen keine Kenntnis, aber wenn sich aus mehreren Entwicklungsprojekten nie ein Erfolg mit Umsatzwirkung entwickelt, wird sich der Fördergeber berechtigterweise die Frage stellen, ob die nächste Förderung nicht auch im Sande verlaufen würde. Hat man dagegen in der Vergangenheit gute und erfolgreiche Arbeit gemacht, ist es möglich und auch erwünscht – außer es gibt programmgemäße Vorgaben – sich regelmäßig oder auch überlappend, immer weitere neue Projekte fördern zu lassen.
Zwei Stichworte machen derzeit bei Unternehmern die Runde. Das Kumulierungsverbot und die Grenzen der De-Minimis-Beihilfen. Was gilt es da zu beachten?
Hier muss man die Vorgaben des jeweiligen Förderprogramms beachten. Vereinfacht beschrieben ist De-Minimis ein Förderhöchstbetrag, der sich auf ein ganzes Unternehmen und ggf. dessen mehrheitlich verbundene Unternehmen bezieht. Ist der Höchstbetrag innerhalb des aktuellen und der zwei vorausgegangenen Jahre ausgeschöpft, ist in diesem Fördermodus keine weitere staatliche Unterstützung möglich. Die Kumulierung betrifft die projektbezogene Betrachtung der Förderung. So können, wenn es vom Fördergeber vorgesehen ist, für ein Vorhaben mehrere Förderinstrumente eingesetzt werden, solange eine von der Projektart vorgegebene Höchstgrenze nicht überschritten wird. In Bezug auf Corona-Hilfen gibt es je nach Fördermaßnahme die unterschiedlichsten Ausprägungen. Es führt daher kein Weg daran vorbei, die Richtlinie zu studieren bzw. Experten zu Rate zu ziehen.
Wenn man über die Krise hinausdenkt: Laufen die bisherigen Förderprogramme wie gehabt weiter – etwa in Sachen Energieeffizienz oder Digitalisierung?
Ja, aber sie müssten mehr denn je ausgebaut werden. Gerade bei Energieeffizienz und Digitalisierung könnte der Schwung aufgrund voraussichtlich schmalerer Unternehmensmittel stark gebremst werden. Hier sollten Anreizeffekte geboten und ein gutes Verhältnis zwischen Fördern und Fordern erreicht werden. Keine Gießkanne – aber auch kein Papiertiger!
Stichwort Digitalisierung: Viele prophezeien, dass dieses Thema durch die Krise noch mal einen Schub bekommt. Welche Fördermittel sind in diesem Zusammenhang besonders interessant?
Durch die Corona-Krise wurde Deutschland mit Gewalt in die Digitalisierung gedrängt. Es gibt bereits heute Fördermittel in Form von Zuschüssen oder Darlehen und ganz aktuell wurde die Förderung etwa um die Beratung für Homeoffice-Arbeitsplätze erweitert. Wichtig sind hier Kompetenzen und Fachkräfte – denn Facebook bedienen können alle, aber Facebook programmieren nur wenige hier im Lande. Die Unternehmensführung muss Digitalisierung zur „Chefsache“ machen und nicht als notwendiges Übel betrachten, das nur Geld kostet. Darüber hinaus sieht man zunehmend, wie wichtig das Thema IT und damit IP-Sicherheit ist und auch damit muss man sich befassen.
Was muss ich beachten, wenn ich Fördermittel einsetzen möchte? Viele haben Angst, beim Antrag Fehler zu machen …
In der Tat kann man sehr vieles falsch machen durch mangelnde Erfahrung oder Unkenntnis. Auch während eines längeren Antragsprozesses können sich Förderparameter signifikant ändern. Man kann sich für die Unterstützung von einem Förderprofi entscheiden oder man muss sich – besonders in den speziellen und damit besonders attraktiven Programmen – tief in die Materie hineinfuchsen. Wichtig ist gerade bei technischen Programmen in den Bereichen Innovation, Energieeffizienz und Digitalisierung, alle beteiligten Abteilungen und Akteure – gleichgültig, ob intern oder extern – zu synchronisieren und zu vernetzen. Weiterhin ist strikt auf Fristen und Termine zu achten.
Was sind die größten Stolpersteine, die man vermeiden sollte? Der Nachweis der Mittelverwendung? Das zu frühe Starten mit einem Projekt? Oder etwas ganz anderes?
Über das Genannte hinaus: etwa die falsche Berechnung der Unternehmensgröße oder Fehler im Beihilferecht. Auch muss man die Richtlinie richtig interpretieren, um zum Beispiel nicht das Thema zu verfehlen. Auch die Kenntnis der Bearbeitungszeiten und der Aufwand und Nutzen für die Förderung sind abzuwägen. Weiterhin ist es von Vorteil zu wissen, was für den Fördergeber die wichtigen Fakten in einem Antrag sind, das erleichtert allen Beteiligten die Arbeit und führt zu schnellerer Bearbeitung.
Ein Beitrag von Ulf Tietge, Foto: Michael Bode