Unternehmen mit breit angelegtem Tax Compliance Management System sind bei haftungs- und steuerstrafrechtlichen Fragen auf der sicheren Seite. Tamara Kr mer von Reisch & Künstle erklärt, warum
Als Tax Compliance Management System wird die Gesamtheit der in einem Unternehmen eingerichteten Maßnahmen bezeichnet, deren Zweck es ist, steuerliche Gesetze und Vorgaben einzuhalten. Ein Tax Compliance Management System soll dazu dienen und jederzeit darlegen, dass alle verbindlichen Steuerrechtsnormen pflichtgemäß eingehalten und angewendet werden. Haftungsrechtliche und steuerstrafrechtliche Risiken, wie zum Beispiel die falsche Anwendung steuerlicher Vorschriften, versäumte Fristen oder nicht beachtete Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten sollen mit Hilfe der Tax Compliance vermieden werden. Die Ma nahmen können von Unternehmen zu Unternehmen stark variieren. Klar ist aber: Mit Schulungen kann bei Mitarbeitern ein Bewusstsein für steuerliche Problemfelder geschaffen werden.
Durch Checklisten, Arbeitsanweisungen und Plausibilitätsprüfungen werden Abläufe im Unternehmen rechtssicher gemacht, durch Fristenkontrollen wird für die rechtzeitige Abgabe von Steuererklärungen gesorgt. Das Ganze kann natürlich mit IT-Tools verbunden werden.
Dabei muss zunächst für jedes Unternehmen individuell festgelegt werden, in welchen unternehmensinternen Abteilungen, Abläufen und Prozessen steuerliche Berührungspunkte zu finden sind und wie risikoreich diese sind. Die Risiken sind nach der Eintrittswahrscheinlichkeit und deren Folgen zu bewerten. Dabei ist auf unternehmensspezifische Faktoren wie Unternehmensgröße, Unternehmensstruktur, Branche und internationalen Bezug einzugehen. Ein Tax Compliance Management System kann nur funktionieren, wenn es individuell an das Unternehmen und dessen Abläufe angepasst wurde. Ein einheitliches Tax Compliance Management System für alle Unternehmen kann es deshalb nie geben. Schließlich sollen mittels organisatorischer Maßnahmen die ermittelten steuerlichen Risiken präventiv vermieden werden.
Organisatorische Maßnahmen könnten beispielweise Beratungen und Schulungen, Checklisten und Fristkontrollen oder Erinnerungen ebenso wie die Festlegung von Richtlinien und Arbeitsanweisungen sein. Wichtig ist, die Maßnahmen zu dokumentieren, um sie gegebenenfalls gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen. Erstmals wurde dem Tax Compliance Management System im Anwendungserlass zum §153 Abgabenordnung (AO) vom 23. Mai 2016 Bedeutung von Seiten der Finanzverwaltung zugesprochen. Das Bundesministerium der Finanzen räumte ein, dass es als Indiz gegen das Vorliegen von Vorsatz oder Leichtfertigkeit sprechen kann, wenn ein Unternehmen ein steuerliches innerbetriebliches Kontrollsystem einrichtet, welches der korrekten und fristgerechten Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient.
Grundsätzlich ist die Einhaltung steuerlicher Gesetze eine allgemeine Verpflichtung, die jeder Steuerpflichtige zu tragen hat. Die rechtlichen Grundlagen finden sich sowohl in der AO, als auch in den Einzelsteuerrechten, dem Handelsgesetzbuch (HGB) und teilweise sogar im Zivilrecht. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die Mitwirkungspflicht (§§ 90 ff. AO), die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht (§§140 ff.), die rechtzeitige, korrekte und vollständige Abgabe der Steuererklärungen nach §§149 AO und §§18 Umsatzsteuergesetz (UStG), ebenso wie die Berichtigungspflicht bei Fehlern (§153 AO). Das alles muss korrekt und fristgerecht erfolgen.
Neben den gesetzlichen Pflichten gegenüber dem Fiskus geht es bei Tax Compliance auch um Wirtschaftlichkeit. Die Verletzung steuerlicher Pflichten kann für ein Unternehmen, aber auch für den Unternehmer oder den Geschäftsführer zu finanziellen Konsequenzen führen. Das Tax Compliance Management System soll für die Einhaltung all dieser Pflichten sorgen und dadurch steuerliche Haftungsrisiken, steuerstrafrechtliche und bußgeldliche Risiken, Steuernachzahlungen, Verspätungszuschläge und Säumniszuschläge vermeiden. Auch eine sinnvolle Steuerplanung und die eigene Interessenwahrnehmung gegenüber den Finanzbehörden gehört zu einem guten Tax Compliance Management System. Die Auslegung der Gestaltungsmäglichkeiten zur Steueroptimierung innerhalb des legalen Rahmens, die Minimierung der Steuerlast oder eine Einspruchserhebung gegen Beschlüsse der Finanzverwaltung stehen dazu deshalb nicht in Konflikt. Denn selbst ein perfektes System kann nicht verhindern, dass Fehler passieren. Es ist jedoch entscheidend, dass alles Notwendige getan wurde, um diese zu vermeiden.
Durch das Tax Compliance Management System werden diese Fehlervermeidungsma nahmen dokumentiert. Kommt es tatsä chlich zu einem Haftungsfall, liegen entlastende Beweismittel für den Steuerpflichtigen vor. Zwar müssen zur Einhaltung der Tax Compliance personelle und organisatorische Mittel aufgewendet werden. Im Fall der F lle aber zahlt sich das für Unternehmen aus.
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