Badens Gold ist grau und staubig. Durchsetzt mit weißem Quarz, gelbem Sand und manchmal auch einem Mammutzahn aus der Eiszeit. Als nach Mengen begehrtester Rohstoff der Welt wird Badens Gold aber nicht in Unzen oder Barrel, sondern in Tonnen gehandelt. Der Preis? 10 bis 15 Euro. Je Tonne. Ohne Transportkosten. Klingt nicht nach viel – und reicht doch, um darauf ein Unternehmen wie die Firma Uhl mit derzeit 200 Mitarbeitern in neun Kieswerken und einem Umsatz von rund 50 Millionen Euro aufzubauen. An der Spitze dieses Unternehmens steht Florian Buchta. 44 Jahre jung, aber schon mit diesem George-Clooney-Grau an den Schläfen. Ein smarter Typ mit Faible für schnelle Autos. „Ich wollte eigentlich einen Porsche fahren, noch ehe ich 30 werde“, verrät er in seinem Büro, in dem das eine oder andere Zuffenhausener Modellen miniature steht. „Ich hab dann aber doch bis 32 gebraucht…“, sagt er und lacht. Denn dass es mit dem Porsche überhaupt klappt, war anfangs nicht klar. Der Ortenberger Florian Buchta stammt aus einem Lehrer-Haushalt. Riecht nach Volvo, Skoda oder was langweilig Vernünftigem. Aber der Sohnemann hat andere Vorbilder. Mit Freude liest er Kostolany, begeistert sich für Dagobert Duck und spielt viel lieber ‚Monopoly‘ als ‚Mensch ärgere Dich nicht‘. „Geld hat mich immer schon interessiert“, sagt er 30 Jahre später. „Aber nicht der Besitz an sich, sondern was man damit bewegen kann!“ Ein Überflieger ist er dennoch nicht. Eher im Gegenteil. Fürs Abi geht Buchta vom Schiller ans WG, weil einer seiner Pädagogen ihm schon in der 10. Klasse klarmacht: „Solang ich hier Lehrer bin, machen Sie hier kein Abi.“ Dann also Wirtschaftsgymnasium. Abschluss mit 3,1. Auch nicht gerade berühmt, aber wer fragt danach schon.
„Vertrieb ist genau mein Ding!“
Nach dem Zivildienst heuert Buchta beim Gerling-Konzern an. Duales Studium. BWL in Mannheim. Mehr als 50 Bewerbungen hat er dafür schreiben müssen – aber es lohnt sich. „Ich hab schnell gemerkt: Vertrieb ist genau mein Ding“, sagt Buchta. „Später dann hab ich festgestellt, dass es noch mehr Spaß macht, Dinge zu verkaufen, die man auch anfassen, sehen, begreifen kann.“ Bevor das klappt, schickt ihn Gerling aber erst mal an die European Business School nach Oestrich-Winkel, denn Buchta ist für die neue Finanzdienstleistungs-Sparte vorgesehen, die in Mannheim dann aber doch nicht etabliert wird. Auf zu neuen Ufern also! Aus der Vertriebsmannschaft eines Konzerns wie Gerling in die Chefetage einer Schutterwälder Kies-Dynastie – das erklärt sich nur, wenn man auch die private Seite von Florian Buchta kennt und um die Freundschaft zu Tino Uhl weiß, dem Enkel von Firmengründer Hermann Uhl. Tino und Florian lernen sich in der Schule kennen, ziehen um die Häuser, gehen beide nach Mannheim – und 1998 lernt Florian dann Tinos Schwester Diana kennen. Die beiden werden ein Paar, heiraten und Florian avanciert als Schwiegersohn zum Mitglied der Uhl Dynastie. Seine Perspektive: Leiter des Kieswerks am Kaiserstuhl. Wenn er sich bewährt. Bis dahin aber: den grünen Anton anziehen, Sicherheitsschuhe statt Budapester und weg mit der Krawatte. „Ich hab als Wäger angefangen, dann ging’s ins Labor, in den Radlader, an die Steinpresse und auf Messen“,
sagt Florian. „Von der Pike auf habe ich jeden Winkel des Kieswerks kennengelernt – und ich glaube: Das war gut so!“
Der Millionär der roten Zahlen
Als sich Tino Uhl entscheidet, in die Schweiz zu gehen, um dort die Uhl Verbundstein AG zu leiten, wird Florian am Stammsitz Schutterwald gebraucht. Den Rest kann man sich denken: Als Schwiegersohn bekommt er von Jahr zu Jahr mehr Verantwortung, wird Prokurist, dann Komplementär und Vollhafter. 2018 übernimmt er die Verantwortung für das Unternehmen vom Schwiegervater. Von einem Tag auf den anderen Tag Millionär? „Ja, aber einer mit roten Zahlen“, sagt Buchta lachend. „Denn wir haben ja die Anteile abgekauft. Sicher zu einem fairen Preis, aber eben schon zu einer Summe, vor der man Respekt haben sollte.“ Der Betriebsübergang gelingt. Ziemlich reibungslos sogar. „Mein Schwiegervater hat alles richtig gemacht. Er hat mir Vertrauen geschenkt, immer mehr Kompetenzen übertragen und mich auch mal Fehler machen lassen“, sagt Buchta. „Ich hab lernen müssen, dass Gras auch dann nicht schneller wächst, wenn man daran zieht. Man erreicht mehr, wenn man auch mal großzügig ist und eben nicht so verbissen.“
Wie man Kies veredelt? Mit Zement …
Man hat leicht reden, wenn man einfach nur Rohstoff aus dem Boden holen muss, um Geld zu verdienen? „Wer das denkt, kann es ja gern mal in unserer Branche versuchen“, sagt Florian Buchta und blickt vom großen Mischturm auf das Firmengelände am Schutterwälder Baggersee. Der Kies aus dem See wird hier zu Transportbeton veredelt, findet in der Pflasterstein-Produktion Verwendung oder wird zu Gartenmauern aus Beton. So macht man aus 15 Euro je Tonne ein Vielfaches. „Das stimmt schon“, sagt Buchta. „Aber trotz des aktuellen Baubooms: Vor 20 Jahren war das Geschäft auch nicht schlechter …“ Die großen Sorgen der Kies-Barone sind die Genehmigungen. „Je nach Kieswerk reichen unsere Vorräte für die nächsten 10 bis 80 Jahre. Aber die wasserrechtlichen Genehmigungen gibt es nur für 15 Jahre – und niemand kann einem im Vorhinein sagen, ob eine Verlängerung erteilt wird.“ Denn so beliebt Baggerseen als Naherholungsgebiete sind – vielerorts am Oberrhein machen Bürgerinitiativen gegen den Abbau mobil und wehren sich gegen Schwimmbagger und Co. Der große Traum vom zehnten Kieswerk – er bleibt wohl unerfüllt. „Es ist wahrscheinlicher, dass wir irgendwann mit sieben oder acht Abbaustätten auskommen müssen“, sagt Buchta. Dass die Politik parallel dazu im Sinne der Kreislaufwirtschaft Druck macht und auf Recycling setzt, macht ihm keine Sorgen. „Beton im großen Maßstab zu recyceln ist in Ballungsräumen ein Thema – aber nicht hier im ländlichen Raum. Es gibt einfach nicht annähernd genug Abbruch, als dass wir die Produktion drosseln könnten. Und ich bin sicher: Es wird auch die nächsten 20 bis 30 Jahre keine echte Alternative zum Baustoff Beton geben.“
Die Aussichten: Baustellen ohne Ende
Ob damit auch die nächste Generation noch genug Kies unter den Füßen hat? „Die Frage stellt sich noch nicht“, sagt Florian Buchta. „Ich bin schließlich nicht angetreten, um nur neun Kieswerke zu verwalten.“ Rund 100 Wohnungen haben die Uhls in den vergangenen Jahren mit ihrem Beton bauen lassen; wenn in der Zukunft noch ein Hochhaus dazu käme, wäre der nächste große Traum auch wahr. Und sonst? „Wir werden viel zu tun haben“, sagt Buchta. „Deutschlands längster Bahntunnel soll gebaut werden, die Landesgartenschau Offenburg steht an, die neue Autobahnausfahrt und ein neues Klinikum sollen realisiert werden.“ Digitalisierung ist ein weiteres großes Thema für die Branche. Die Materialbestellung per App, Lösungen für Baustellen, auf denen es keine gemeinsame Sprache mehr gibt – all das sind Themen für morgen. Langweilig wird es den Uhls also sicher nicht.
Ein Beitrag von Ulf Tietge - Foto: Dimitri Dell