Podcasts haben sich vom Nischenformat zum absoluten Trendmedium entwickelt. Für die Unternehmenskommunikation sind sie als Corporate Podcasts eine sehr gute Ergänzung im Marketing-Mix – aber nur, wenn das Konzept stimmt
Ob auf dem Weg zur Arbeit, beim Gassigehen oder gemütlich zu Hause auf dem Sofa: Für immer mehr Menschen werden Podcasts zum geliebten digitalen Begleiter im Alltag. Laut einer Bitkom-Umfrage hört rund ein Drittel der Deutschen Podcasts, 15 Prozent schalten sogar regelmäßig ein. Vor allem jüngere Leute sind auf den Geschmack gekommen: 40 Prozent der 16- bis 29-Jährigen geben an, Podcasts zu hören – Tendenz steigend. Podcast-Hörer sind gut gebildet, technikaffin und verfügen über ein vergleichsweise hohes Einkommen. Logisch, dass das On-Demand-Format daher riesiges Potenzial als Marketing-Tool für die Unternehmenskommunikation bietet und die Kommunikationsbranche nach den eher musikverliebten Generationen X und Z von der Generation G spricht. G wie Gelaber…
Podcast mit Erfolgsrezept
„Der Podcast ist die Langspielplatte des 21. Jahrhunderts“,
sagt Ulf Tietge über den Boom des ehemaligen Nischenmediums. Er ist Inhaber der Offenburger Agentur team tietge – einem der regionalen Vorreiter im Bereich Corporate Podcasts. Seit anderthalb Jahren produziert die Agentur für den deutschen Foodservice-Marktführer Chefs Culinar einmal im Monat den Gastro-Podcast Tisch für Drei. Gastgeber: Matthias Rilling, Leiter Key Account bei Chefs Culinar. Moderation und Redaktion: Ulf Tietge. Gäste: Uli Hoeneß, Meta Hiltebrand, Haya Molcho oder auch 25-Hours-Gründer Christoph Hoffmann. Und das kommt gut an: Mit rund 30 000 Hörern gehört Tisch für Drei zu den erfolgreichen Unternehmens-Podcasts in Deutschland. Aber: Corporate Podcasts sind im Gegensatz zu Conversion-getriebenem Suchmaschinenmarketing oder Social Media im B2C-Umfeld kein Instrument, mit dem sich schnell finanziell messbare Absatzerfolge einstellen. Dafür zahlen sie aufs Image ein, werten die Marke auf, ermöglichen Leads, belegen Kompetenz und vermitteln Inhalte in einer Tiefe, die mit keinem anderen Medium zu erreichen ist. Podcasts werden als Nebenbei-Medium in alltäglichen Situationen gehört, in denen Videos oder Printmedien nicht genutzt werden können; beim Autofahren, beim Aufräumen oder beim Sport. Das persönliche Storytelling-Format erzeugt Nähe und Vertrautheit – und damit Sympathie und Kundenbindung. „Schon die Tatsache, dass ein Unternehmen überhaupt einen Podcast produziert, wirkt sich imagefördernd aus“, sagt Tietge. Ein gelungener Podcast bietet Firmen zudem die Chance, sich als Experten zu positionieren.
Mehr Raum, weniger Kosten
Ein weiterer Vorteil: Ein Podcast bietet mit üblichen Längen von 15 bis 90 Minuten viel mehr Raum für Tiefe als ein Printmedium, ist dabei aber einfacher, bequemer zu konsumieren. „Man kann Philosophie und Charakter der Gäste ganz anders transportieren“, sagt Tietge. „Ein Podcast bietet im Vergleich zum gedruckten Interview mehr Platz, um Menschen zu Wort kommen zu lassen, die etwas zu sagen haben – und das Publikum bleibt ganz Ohr.“ Die Produktionskosten für Podcasts sind deutlich niedriger als für eine Kundenzeitschrift. Je nach Konzept können auch zwei bis drei Podcasts am Tag produziert werden. Nicht unterschätzen sollte man allerdings den Aufwand im Vorfeld: Ein erfolgreicher Podcast muss gut geplant und durchdacht sein – von der Gästeauswahl über die Themenauswahl bis zu Technik und Vermarktung.
„Die Qualität muss stimmen“
Was macht einen guten Corporate Podcast sonst noch aus?
Er muss inhaltlich verständlich sein. Er eignet sich wunderbar, um komplexe Zusammenhänge zu präsentieren – aber Details wie Zahlen und Statistiken gehören in die Shownotes. Zweitens muss der Podcast technisch perfekt produziert sein. Es ist okay, wenn jemand sich im Lauf des Gesprächs verspricht. Der Podcast soll ja authentisch sein. Aber wenn die Tonqualität nicht stimmt, schalten die Leute ab. Einen Podcast mit dem Telefon aufzunehmen, ist für Tietge daher keine Option. Drittens sollte der Podcast eine Mischung aus Unterhaltung und Information sein – also Infotainment bieten. Damit ein Podcast auch tatsächlich Infotainment sein kann, muss er kurzweilig sein – auch wenn das Thema noch so spannend sein mag. „Gute Längen sind 15 bis 60 Minuten“, sagt Ulf Tietge. „Wir machen bei Tisch für Drei eine starke Stunde – eben das, was man beim Gassigehen oder Joggen schafft.“
Einmal ist keinmal
Auf jeden Fall aber gilt: Mit einem einzelnen Podcast ist es nicht getan. Erst durch regelmäßiges Zuhören entsteht eine Beziehung zu den Sprechern. Und nicht jedes Thema ist für jedermann gerade interessant – im Verlauf einer Podcast-Staffel aber steigt die Wahrscheinlichkeit, für jeden Hörer etwas Interessantes anzubieten. „Mit der Hoeneß-Folge haben wir sehr viele Menschen erreicht, die sich dann auch ältere Episoden von Tisch für Drei angehört haben“, sagt Tietge. Und die Sendefrequenz? Kommt aufs Thema an. Eine Folge pro Monat sollte es schon sein – wer häufiger podcasten möchte, sollte vorher prüfen, ob der Rhythmus auf Dauer eingehalten werden kann. Last, not least sollte ein Corporate Podcast in die Kommunikationsstrategie eines Unternehmens integriert sein. Der beste Podcast bleibt schließlich irrelevant, wenn niemand weiß, dass es ihn gibt. „Der Podcast muss Teil der digitalen Customer Journey sein“, sagt Ulf Tietge. „Er muss in die Website und in Social Media eingebunden sein und darf auch gern darüber hinaus beworben werden.“ Chefs Culinar bietet etwa in seinem Onlineshop Tisch-für-DreiMerchandising an (vom Polo bis zum Hoodie) und hat mehrere Tausend Lkw-Fahrer des Unternehmens mit Tisch für-Drei-Basecaps ausgestattet.
Boom ohne Ende
Fazit: Podcasts sind ein vielfältiges, aber bislang noch unterschätztes Medium für die Unternehmenskommunikation – auch, weil ein Ende des Podcast-Booms nicht in Sicht ist. Im Gegenteil: Einer Umfrage der Forschungsgruppe Goldmedia zufolge nutzen mehr als die Hälfte der Hörer Podcasts seit der Corona-Pandemie noch intensiver als zuvor. Kein Wunder, dass team tietge bereits weitere Podcasts in Planung hat.
Ein Beitrag von Verena Vogt, Foto: Artur Derr