Leidenschaft und Kalkül können nicht miteinander? Stimmt nicht: Wer sich einen Oldtimer als Wertanlage kauft, hat unterm Strich doppelten Lustgewinn. Experten wie Patrick Luxem von der Oldtimer Garage Ettenheim schwören drauf …
Als am 8. Februar 2019 bei der Oldtimermesse Rétromobile in Paris der Hammer fiel, wechselten 16,7 Millionen Euro und ein Alfa Romeo den jeweiligen Besitzer. Genauer gesagt: ein 8 C 2900 B aus dem Jahr 1939. Das zweisitzige Sport-Coupé galt wegen seiner Konstruktion schon in den 1930er-Jahren als eine Art „Über-Auto“. Noch mehr Super-Car für noch mehr Geld wurde im August 2019 in Monterey dem staunenden Fachpublikum präsentiert. Da ersteigerte ein unbekannter Bieter einen McLaren F1 (Baujahr 1995) für 18,7 Millionen Euro. Zugegeben: Das sind Kategorien, in denen sich nur sehr wenige Menschen bewegen.
Aber auch für deutlich weniger Geld ist ein schöner Oldtimer und auch eine ordentliche Wertsteigerung zu haben, das zeigt ein Blick in diverse Fachmagazine. Allerdings kann man sich da schnell verirren und noch viel schneller in ein Fahrzeug verlieben. Besser, man fragt einen Fachmann wie Patrick Luxem, der die Oldtimer Garage in Ettenheim besitzt und sich auf Instandhaltung und das Restaurieren historischer Fahrzeuge spezialisiert hat. „Wenn es um eine Wertanlage geht, gehören die europäischen zu den besten und stabilsten Fahrzeugen“, meint der Kfz-Meister. „Mercedes,Porsche, Alfa Romeo, Ferrari, Lamborghini und Jaguar, um nur einige zu nennen. Aber nicht zu unterschätzen sind auch kleinere Fahrzeuge wie eine BMW Isetta.“ Schon in seiner Entstehungszeit Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre war der als Knutschkugel bekannte Zweisitzer alles andere als Mainstream. Und diese Besonderheit zahlt sich wortwörtlich aus.
Wie ein Wert bemessen wird, hängt von vielen Faktoren ab, der Zustand des Fahrzeugs (er wird in einem Schulnotensystem von 1 bis 5 angegeben) ist nur einer davon. Auch die Historie des Fahrzeugs, die Anzahl der Vorbesitzer oder ein gewisser Exotenstatus können den Wert beeinflussen. In die eine oder die andere Richtung. „Wichtig ist immer, sich einen Fachmann mit ins Boot zu holen“, sagt Patrick Luxem. Er selbst hat schon viele Käufer beraten und sich in der Szene einen Namen gemacht. „Zudem sehen bekanntlich vier Augen mehr als zwei“, sagt er und grinst vielsagend.
Substanz und Matching Numbers
„Ich habe in meiner Oldtimer-Werkstatt viele Fahrzeuge mit absichtlich oder unabsichtlich versteckten Mängeln gehabt, die den Wert mindern können oder erhöhte Reparaturkosten nach sich ziehen.“ Er steht neutral beratend zur Seite und ist – nicht ganz unwichtig – auch nicht auf eine Marke festgelegt. „Generell muss auf die Substanz der Karosserie, des Lacks und auf die Technik geachtet werden“, rät er. „Außerdem gibt es einen enormen Wertschub, wenn man die berühmten Matching Numbers hat.“ Wenn also Fahrgestellnummer, Motornummer, Getriebenummer und unter Umständen auch noch die Innenaustattungsvarianten zusammenpassen – das ist Erstauslieferungszustand. Wenn dann der Wagen nur einen oder zwei Vorbesitzer hatte, vielleicht auch Seltenheitswert hat und nur am Wochenende rausdurfte: Bingo! „Die große Zeit der Scheunenfunde ist allerdings lange vorbei“, lacht Frank Wilke, Geschäftsführer von classicanalytics, einem Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen, das sich auf die Marktanalyse und Bewertung von historischen Fahrzeugen auf der ganzen Welt spezialisiert hat. Er hat den Markt immer im Blick und meint: „Der stetige Aufwind ist seit gut drei, vier Jahren abgeflaut, aber das Preisniveau ist unverändert.“ Für ihn ist ein Oldtimer immer eine Wertanlage, ein Renditebringer muss er aber nicht sein. Und er weiß: „Der größte Teil der Käufer geht nicht mit einem Taschenrechner an die Sache heran, sondern mit Herzblut. Die Kundschaft der 1960er-Jahre, das waren Technikfreaks. Heute erfüllen sich die meisten Kunden einen Jugendtraum beispielsweise mit einem 911er Porsche.“ Der ist übrigens für relativ kleines Geld zu haben. „Gerade die 1970er- und 1980er-Baujahre sind in den vergangenen sieben Jahren billiger geworden.“ Je nach Zustand kosten sie um die 30 000 Euro. Gute Invests seien auch die BMW-Modelle Z3 oder das M-Coupé, ein CSi, der Mercedes SL 107 oder ein Fiat Barchetta. Noch keine Oldtimer im klassischen Sinn – aber sie versprechen gute Wertzuwächse.
Auch die inneren Werte zählen
Wichtig dafür ist aber ein Top-Zustand, das weiß auch Joachim Teutsch, Besitzer der gleichnamigen Autosattlerei in Ettenheim. „Ich bin für alles zuständig, was weich ist“, sagt er und lacht. Er repariert und fertigt Verdecke, Himmel, Sitze und Bodenbeläge. Eine seiner wichtigsten Aufgaben aber ist die umfassende Recherche: Wann wurde was verbaut, wo gibt es noch passendes Material? „Ich handle immer im Interesse des Fahrzeugs. Ich erhalte, was zu erhalten ist, das wird dem Objekt gerecht. Ansonsten wird restauriert“, erklärt er. Das hat seinen Preis, trägt aber zur Wertsteigerung bei. Bei einem eventuellen Verkauf lassen sich deutlich bessere Preise erzielen. „Und es erhöht die Freude an der Benutzung“, erläutert er. „Das Interieur ist ja das, womit der Fahrer immer in Kontakt ist.“ Fazit: Wer statt in Immobilien lieber in Mobiles investiert, muss den Markt über eine lange Zeit beobachten. Exorbitante Wertsteigerungen von 300 Prozent und mehr hängen immer von der sich stetig ändernden Marktsituation und dem ins Auge gefassten Modell ab. Hier gilt: Bei einem seltenen oder exotischen Fahrzeug, das ein ausgeprägtes Alleinstellungsmerkmal hat (geringe Stückzahlen, besondere Technik, spezieller Konstrukteur oder interessante Historie), sind die Wertsteigerungen gut bis sehr gut. Das gilt auch für sogenannte Massenware, aber nur, wenn es sich dabei um Kultobjekte handelt. Außerdem muss ein Fahrzeug auch zum Käufer passen. Wer zu einer Ausfahrt Kind und Kegel mitnehmen will, hat mit einem Sportcoupé nun mal keine Freude. Bei den Kosten hilft eine einfache Faustformel: Drei Viertel der Investion sind für das Auto gedacht, ein Viertel für die übrigen Kosten. Den Wagen immer von einem oder zwei Fachleuten vor Ort begutachten lassen, sonst kauft man am Ende einen auf Hochglanz polierten Albtraum…
Ein Beitrag von Karen Heckers, Foto: Jan Reiff