Die Stadt Offenburg ist mit einem neuen, ambitionierten Leuchtturmprojekt am Start: der aufwendigen Umnutzung des alten Schlachthofs. Der heißt seither Canvas 22 und soll zum neuen Kultur- und Kreativzentrum werden
Die Offenburger haben ein neues Großprojekt in ihrer Stadt. Aus dem alten Schlachthof soll ein Kreativzentrum werden, ein Areal für Künstler und Kreative, für junge Unternehmer und Freigeister. Zum Auftakt präsentierten 68 Künstler ein Wochenende lang ihre Werke – und machten damit einen Ort wieder zugänglich, der über Jahrzehnte vollkommen verschlossen war. Trotz Corona-Beschränkungen waren 3000 Menschen dabei und bewiesen: Das Interesse der Offenburger ist groß. Vielleicht wird Canvas 22 wirklich ein wichtiger Impulsgeber, um Offenburg als lebendiges, lebenswertes und prosperierendes Oberzentrum weiterzuentwickeln.
In den kommenden Jahren soll das Areal zu einer „Innovationsfläche“ ausgebaut werden – irgendwo zwischen Start-up-Kultur, freier Kunst und Vernetzung mit der regionalen Wirtschaft. Welch Potenzial in der Umnutzung brachliegender innerstädtischer Areale wie dem alten Schlachthof liegt, haben zahlreiche Städte schon bewiesen. In Köln etwa hat man schon viele Jahre Erfahrung mit Projekten ähnlicher Natur. Sie färbten nicht nur aufs Image der Stadt ab, sondern prägten auch ihre „räumliche und gesellschaftliche Entwicklung als Labor und Keimzelle für neue Lebens-, Wohn und Arbeitsmodelle“, wie eine von der Stadt Köln 2020 veröffentlichte Studie es beschreibt. Kunst und Kultur förderten „die funktionale und soziale Vielfalt in den Städten“ und trügen „somit erheblich zur Steigerung der Lebensqualität bei“. Kommerzielle Kreativ-Dienstleistungen, die sich daraus entfalten, seien für viele Städte zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden.
Natürlich ist die Situation in einer Großstadt wie Köln nur bedingt mit der Offenburgs zu vergleichen. Dass ähnliches aber auch in kleinerem Maßstab m glich ist, zeigt Freiburg mit dem Kultur- und Kreativbahnhof Lokhalle oder Karlsruhe mit dem Gründerzentrum Perfekt Futur auf dem Areal des Alten Schlachthofs und dem Cyberforum in der Hoepfner-Burg.
Was genau auf dem Offenburger Schlachthof passieren wird, darf deshalb mit Spannung erwartet werden. Klar ist, Canvas 22 soll zum Herzen eines komplett neuen Quartiers in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kronenviertel werden. Davon könnte perspektivisch auch die naheliegende Offenburger Innenstadt mit dem neuen R e Carr profitieren. Auch architektonisch darf man einiges erwarten. Allein schon, weil der Schlachthof ein Ambiente bietet, das in seiner einzigartigen Rohheit wie gemacht zu sein scheint, um mit unkonventionellen Ideen belebt zu werden. Das wird jetzt, wo der Bau leergeräumt und gesichert ist, besonders deutlich.
Wettbewerb der Ideen
Die Entscheidungen, wie die Erschließung und Nutzung des weiträumigen Areals am Ende konkret aussehen soll, sind einem umfangreichen Entwicklungsprozess vorbehalten, der noch in vollem Gange ist. M glichst viel von der alten Substanz und dem ursprünglichen Charme des Gebäudes soll erhalten werden. „Die Bestandsaufnahme der Fachleute läuft noch, sie dürfte aber bald abgeschlossen sein“, kommentiert Carmen Lötsch. Wann was gebaut wird und in welcher Reihenfolge, das lasse sich momentan noch nicht sagen. Fest stehe aber: „Schon im nächsten Jahr wird es auf jeden Fall einige innovative Veranstaltungen zur Zwischennutzung geben.“ Die Kulturchefin der Stadt Offenburg ist unter Regie von Oberbürgermeister Marco Steffens an der Entwicklung von Canvas 22 beteiligt. Der von ihr geleitete Fachbereich Kultur ist mit eigenem Büro vor Ort vertreten. Beratend begleitet wird die Planung vom Offenburger Gründerzentrum startUp.connect. Leiter Florian Appel findet: „Canvas22 ist eine Riesenchance für den Innovationsstandort Offenburg und die Gründerszene“. Es wird sich lohnen, die Entwicklung auch in Zukunft weiter zu verfolgen.
Ein Beitrag von Uli Kammerer, Foto: Armin Krüger/Stadt Offenburg