Im Kampf gegen die Müllflut im To-go-Bereich setzen die drei Gründer von Heybico aus Sasbach auf innovative biologische Materialien und schicke Motive für ihre Kaffeebecher. Von der Idee bis zur Produktion – alles made in Germany …
Bunte Bechertürme stapeln sich hoch auf in den Regalen der kleinen Lagerhalle hier im Industriegebiet von Sasbach. Muster, Figuren, Blumen, Sprüche – inzwischen sind es mehr als hundert Motive auf den Kaffeebechern. „Und wir entwickeln in Kooperation mit Künstlern aus der Region immer wieder neue Designs“, erklärt Horst Homm. Der 34-Jährige ist neben Florian Hensel und Julian Schirmer Mitgründer und Geschftsführer von Heybico – der Firmenname steht für „Hey, I’m biological und compostable“ und bringt das Konzept der drei auf den Punkt: einen Mehrwegbecher zu produzieren und zu vermarkten, der wirklich nachhaltig ist.
„Wir drei kennen uns seit Jugendtagen und hatten schon öfter überlegt, zusammen ein Business auf die Beine zu stellen. Und bei einem gemeinsamen Kaffee standen wir schließlich vor einem übervollen Mülleimer mit Wegwerfbechern …“, erzählt Homm die Geschichte, wie sie auf ihre Geschäftsidee gekommen sind. „Da war uns klar, das ist ein Thema, das wir angehen müssen.“ Auf ihrer Website haben die drei zusammengetragen, welch immensen ökologischen Fußabdruck die übliche To-go-Kultur hinterlässt. Demnach werden allein in Deutschland jedes Jahr 2,8 Milliarden Pappbecher verbraucht. Das bedeutet: 29 000 Tonnen Papier, 1,5 Milliarden Liter Wasser, 22 000 Tonnen Erdöl für die Innenbeschichtung und die Deckel, 40 000 Tonnen Abfall – und das alles für vielleicht 15 Minuten Kaffeegenuss zum Mitnehmen?
2019 gründeten sie schließlich ihr Unternehmen, anfangs noch neben ihren eigentlichen Jobs, und ergänzen sich seither mit ihren Kenntnissen. „Florian ist Werkzeugbaumeister, Julian ist Elektriker, war im technischen Vertrieb und hat viel Verkaufserfahrung im B2B-Bereich und ich selbst bringe als Einzelhandelskaufmann Marketingerfahrung mit“, sagt Horst Homm. Der Start war geradezu klassisch: ein kleines Büro in Ottersweier, zwei Schiffscontainer, die Heizung kaputt …
Auch die Entwicklung des Bechers war keine leichte Aufgabe, wenn man es denn mit der Nachhaltigkeit wirklich ernst meint: Edelstahl? „Ist in der Herstellung auch problematisch und nicht leicht bedruckbar“, erklärt Homm. Erdölbasierter Kunststoff war von vornherein ausgeschlossen, und Porzellan geht nun mal schnell kaputt. Also verkauften sie anfangs Bambusbecher aus China. „Aber natürlich kam uns bald die Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit und eine Produktion am anderen Ende der Welt nicht zusammenpassen. Außerdem ist in bambusbasierten Kunststoffen immer auch normales Plastik enthalten.“ Also machten sich die drei auf die Suche nach einem Compounder für reine Biokunststoffe in Deutschland – und wurden bei FKuR in Nordrhein-Westfalen fündig. Das Granulat aus Mais und Zuckerrohr wird nun beim Spritzgussspezialisten Hans Fleig in Lahr gespritzt. „Biokunststoffe sind für Spritzgießer vergleichsweise neu“, berichtet Homm. „Der Einfluss von äußeren Faktoren wie der Luftfeuchtigkeit muss ganz anders berücksichtigt werden. Fleig hat hier den richtigen Angang gefunden und die Zusammenarbeit läuft super.“
Individuell in kleinen Margen
Auch eine passende Druckerei in der Region zu finden sei ein aufwendiger Prozess gewesen, beschreibt es Homm. „Wir sind als Laien losgezogen und haben bestimmt 20 Druckereien abgeklappert, aber alle haben abgewunken, unter 10 000 Auflage wollten die gar nicht anfangen.“ In der Nähe von Karlsbad haben sie nun einen Partner gefunden, der bereit war, auch selbst in eine neue Maschine zu investieren. Im Digitaldruck können sie nun ab hundert Stück individuelle Designs zu einem marktfähigen Preis drucken und zusätzlich personalisieren. Sechs Monate nach der Gründung, im Frühjahr 2020, verkauften sie schließlich ihren ersten Becher. Eigentlich waren Cafés und Coffee-Shops die avisierte Zielgruppe, doch pünktlich zum Unternehmensstart machte die Gastro im ersten Corona-Lockdown einfach dicht. „Dafür meldete sich auf einmal ein Krankenhaus bei uns und bestellte tausend Becher für die Belegschaft, individuell mit Namen bedruckt, damit jeder seinen eigenen hat und es keine Verwechslungen gibt“, sagt Homm. Die Zeit im kalten Container ist längst vorbei, heute sind an den Wänden in den Büror.umen diverse Becher ausgestellt, die im Kundenauftrag bedruckt wurden – Kaffeeröster, Supermärkte, Hotels oder auch Unternehmensberatungen zählt die Referenzliste auf, ebenso eine große BMW-Niederlassung oder den Chip-Riesen Infineon. Als Bestätigung für ihr Geschäftsmodell wurden die Ortenauer beim Gründerpreis Baden-Württemberg 2021 mit einem vierten Platz bedacht.
Die Nachfrage wird steigen
Das Konzept scheint also aufzugehen. Im Gründungsjahr verkaufte das Start-up 20 000 Becher, 2021 waren es schon doppelt so viele und für das laufende Jahr wollen sie die Marke von 80 000 knacken. „Spätestens wenn ab dem kommenden Jahr die Gastronomie verpflichtet ist, auch Mehrweg im To-go-Bereich anzubieten, hoffen wir, auch in dieser Branche unseren Absatz deutlich auszubauen“, so Horst Homm.„Schließlich sind unsere Becher Werbeträger und damit ideal für die Gastro.“ Doch für den Erfolg gibt es keine Garantien, das wissen auch die Jungs von Heybico. „Wir sind kein Greenhorn mehr auf dem Markt und wollen uns nun über die konsequent regionale Produktion sowie vor allem über einen umfassenden Service von der Konkurrenz absetzen“, führt Horst Homm die anstehenden Aufgaben für das auf inzwischen 20 Mitarbeiter angewachsene Team aus. Dazu gehört, innerhalb von zehn Tagen Nachbestellungen zu realisieren. Und insbesondere kleinere Unternehmen, die vielleicht keine eigene Marketingabteilung haben, bei der Erstellung der Druckvorlagen zu unterstützen. Dabei hilft der Kontakt zu vielen Designern, die immer wieder neue Gestaltungsideen einbringen.
Ein Beitrag von Imke Rosebrock